Die Schrecken des Krieges in Khartum und seine Auswirkungen auf das Leben der Flüchtlinge aus dem Südsudan

Mai 18th, 2023 - von: Tahani Ajak

Tahani Ajak

Tahani lebt in einem Lager für Geflüchtete aus dem Südsudan im Bundesstaat Weißer Nil im Sudan. Sie schreibt über das Leben und die Kämpfe der Geflüchteten, um diese und ihr Recht auf Leben sichtbar zu machen.

Sie lieben das Leben und klammern sich an das Wenige, das sie am Leben hält, immer am Rande des Abgrunds. Sie haben mit ihren Kindern seit 2013, seit dem Ausbruch des Kriegs zwischen Präsident Salva Kiir und seinem Stellvertreter Riek Machar hartnäckig überlebt. Sie überquerten die Grenzen der Länder und bauten sich ein neues Leben auf, inspiriert von den Erinnerungen an das reiche Leben, das sie in ihren Dörfern geführt hatten, inspiriert vom Rhythmus der Trommeln, den Klängen ihrer Lieder, dem Getrampel ihrer Füße auf dem Boden, wenn sie ihre gemeinsamen Tänze aufführten, und dem Segen ihrer Götter Ngundeng und Nyikang.

Mehr als 500 000 Angehörige der Stämme der Shilluk und Nuer leben in Flüchtlingslagern im Bundesstaat Weißer Nil im Sudan, verteilt auf elf Lager am östlichen und westlichen Ufer des Nils. Sie sind auf die kargen Lebensmittelrationen angewiesen, die ihnen von den humanitären Organisationen vor Ort zur Verfügung gestellt werden. Angesichts der langen Aufenthaltsdauer, der Verschlechterung der Versorgungslage und des Mangels an Beschäftigungsmöglichkeiten sind viele Familien jedoch gezwungen, die Flüchtlingslager zu verlassen und in die großen Städte und deren Randgebiete zu ziehen, um dort nach Arbeit und Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Lebenssituation zu suchen.

Die Stadt Khartum war eines der Ziele, die viele dieser Familien ansteuerten; Schätzungen zufolge leben 80 % der Flüchtlinge in den Außenbezirken der Stadt am Existenzminimum - ein elendes Leben in Behausungen, in denen sie unter der sengenden Hitze der Sonne verbrennen und im Winter der Kälte ausgesetzt sind. Sie sind auf tägliche Arbeit auf dem Bau oder als Haushaltshilfen angewiesen, zu denen die ganze Familie jeden Morgen in der Frühe aufbricht, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und von der sie am Abend mit dem Tageslohn und einer Tasche voll Brot und Gemüse zurückkehren.

Der Morgen des 15. April, an dem es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den sudanesischen Streitkräften und den schnellen Eingreiftruppen kam, war ein trauriger und blutiger Morgen in der Stadt. Die Soldaten waren in allen Straßen und Gassen von Khartum im Einsatz und lieferten sich ein dichtes und schweres Feuergefecht. Über der Stadt kreisten Flugzeuge, die die feindlichen Kräfte verfolgten und Lava über die Köpfe der Menschen schleuderten, das in ihre zerbrechlichen Häuser eindrang und überall verstreut Tote, menschliche Körperteile und Schwerverletzte und die Lebenden in Panik zurückließ. Die Situation bedeutete den sicheren Tod, denn kein Haus konnte dem Kugelregen und dem Bombardement der Flugzeuge standhalten, und es gab keinen nahe gelegenen Fluchtweg.

Die beiden Generäle [Hemedti und Burhan] mögen sich beim Anvisieren ihrer militärischen Ziele geirrt haben, aber an diesem Tag irrten sie sich nicht, als eine Mörsergranate auf das Haus am Stadtrand von Omdurman fiel, in dem Marsa und ihre Tante arbeiteten und lebten. Die Bombe tötete Marsa's Tante Bronica und die Hausherrin, während das Schrapnell Marsa's jugendlichen Körper durchbohrte. Doch das Land befand sich im Ausnahmezustand: Kein Geräusch war lauter als der Klang der Kugeln, die Schritte der Soldaten und der euphorische Jubel über den Sieg.

Es gab keine Reaktion, niemand griff ein, und man konnte nichts tun, um Marsa zu retten. Sie klammerte sich tagelang ans Leben, und ihr Lächeln, das nicht nachließ, gab den Menschen um sie herum die Hoffnung, dass sie überleben und all den Schmerz überwinden würde. Aber sie hielt es nicht aus, sie ging und hinterließ ein gebrochenes Herz und einen Strom von Tränen ihrer Eltern, die ihren Fall verfolgten.

Die Auseinandersetzungen dehnten sich aus vom Zentrum Khartums - dem Gebiet des militärischen Oberkommandos, des Flughafens und der nahe gelegenen Viertel - auf alle Quartiere der Hauptstadt aus und erreichten auch deren vergessene Außenbezirke. Die humanitäre Lage der Bewohner verschlechterte sich, und es herrschte Chaos: verwesende Leichen, die auf den Straßen lagen und von Hunden gefressen wurden, und Schwerverletzte, deren Straßen blockiert waren, so dass sie keine Krankenhäuser erreichen konnten, um behandelt zu werden.

Am Himmel von Khartum fliegen immer noch Flugzeuge und bombardieren Zivilisten. Die Ausgänge sind für diejenigen blockiert, die fliehen wollen. Kugeln fordern die Seelen derjenigen, die das Risiko eingehen, das Land zu verlassen, aber der Ruf des Lebens ist stärker als der Tod. Viele der Eingeschlossenen sind inmitten der Gefahr gegangen, der Tod lauert an jeder Ecke.

Der Krieg bringt immer eine schmerzhafte Realität hervor, von der Belagerung durch den Tod bis hin zur Belagerung durch das Fehlen von Gesundheits- und anderen Diensten und dem irrsinnigen Anstieg der Preise. Der Wert von Lebensmitteln hat sich verdoppelt, und die Vorräte gehen zur Neige, weil viele Geschäfte geschlossen haben oder ihre Waren von Banditen geplündert wurden. Auch der Wert von Reisetickets ist exponentiell gestiegen. Die Kontrollpunkte auf den Straßen stellen eine Bedrohung für das Leben dar.

Das Leid vieler in Khartum lebender Flüchtlingsfamilien ist um so schlimmer, als sie hauptsächlich von der täglichen Arbeit als Einkommensquelle abhängig sind. Da sie nicht in der Lage waren, die Kosten für ein Busticket zu bezahlen, zogen sie es vor, mit ihren Kindern, älteren Menschen und Behinderten zu Fuß zu gehen und das Nötigste auf dem Weg zu den Flüchtlingslagern im Bundesstaat Weißer Nil oder in Richtung der Grenzen in Richtung Südsudan zu tragen. Andere drängten sich an den Bahnhöfen, in der Hoffnung, einen Zufluchtsort außerhalb der Hölle von Khartum zu erreichen.